Kunst macht Sichtbar


Die Künstlerin Martine Mirage ist in vielen Bereichen ausdrucksstark: Sie erstellt Collagen und Skulpturen, malt und musiziert auf der Geige.

Aufgrund eines vernarbten Tracheostomas kann sie keine Sprechkanüle nutzen. Dadurch ist sie zwar stimmlos, aber nicht stumm! Durch ihre Kunst wird sie nicht nur sichtbar, sondern auch hörbar. 


Martine Mirage

In und für ihre Kunst nutzt sie
unterschiedliche Techniken und Genres,
die sie gerne gleichberechtigt einsetzt.
Außerdem fotografiert und schreibt sie.


Die Allrounderin ist in vielen Bereichen ausdrucksstark: Sie erstellt Collagen und Skulpturen, malt und musiziert auf der Geige. Dabei nutzt sie unterschiedliche Techniken und Genres, die sie gerne gleichberechtigt einsetzt. Außerdem fotografiert sie und schreibt. Die Variation ihrer Ausdrucksweise beschreibt sie mit dem Gefühl, dass jeder Tag, jede Nacht anders ist. Die Welt dreht sich immer weiter, deshalb erfindet sich auch die Künstlerin immer wieder neu.

"Mein Ausdruck variiert,
da auch jeder Tag/
jede Nacht anders ist."

Martine Mirage

Ihre Kunst soll ihre Meinung transportieren, Gesellschaftskritik äußern und Gefühle erzeugen. Dabei verwendet sie gängige Symbole in einleuchtenden Farben, die beim Betrachter assoziiert werden. Sie erzählt uns, dass dieser Stil zum Surrealismus gehöre, und sie ihre  Fantasie und Bildung als Basis nutze. Ihre Inspiration schöpfe sie aus ihrer Biografie, ihrer Anamnese, ihren Träumen, aus Kontakten mit der Gesellschaft und aus Gesprächen. Auch die Großstadtumgebung sei eine Quelle.

Ihre Kunst dient ihr zudem als Vergangenheitsbewältigung und ist auch ein Stück Kunsttherapie. Denn Martine Mirage ist schizophren, eine Krankheit, mit der sie gelernt hat, offen umzugehen. Sie sagt: „mit psychischer Erkrankung hat man lebenslang guten Grund, an sich menschlich zu arbeiten.“ Wir finden: dieser Grundsatz trifft eigentlich auf alle Menschen zu.

Das Oevre von Martine Mirage inspiriert und macht Lust, sich selbst auszuprobieren. Ihre Kunst verändert sich und den Betrachter. 

Der fröhliche Fisch (Frühling 2022)

"Fische sind stumme Tiere und drücken sich durch Gesten aus, also fühle ich mich, seit ich ein Tracheostoma habe und mich nicht mehr mit hörbarer Stimme mitteilen kann, zu ihnen hingezogen. In gewisser Weise scheine ich mich mit diesem Sternzeichen identifiziert zu haben. Der Mensch wird an seinen Taten gemessen."

Paranoide Schizophrenie
(Januar 2018)

"Es steht für einen Neuanfang, da ich 2017 ohne meine Medikamente mein gesamtes kreatives Lebenswerk aus den Jahren 2004-2017 im Müll entsorgt habe. In akuten Psychosen macht man manchmal so etwas. Andererseits symbolisiert dieses Werk auch die zwei Seiten von Sternzeichen Zwilling-Geborenen, wozu ich auch gehöre."

Boomerangs
(Sommer 2018)

"Es wird gezeigt, dass die Lebensweise des Menschen, also sein Konsum, dazu geführt hat, dass die Polarbewohner in Existenznot geraten sind. Die Bumerange symbolisieren die egoistische Feindseligkeit gegenüber niederen Kreaturen (hier ein Pinguin). Doch die Waffen sind so gewählt, dass sie letzten Endes den Menschen selbst treffen werden. Das ist ein Gesetz der Logik."

König Fußball
(November 2022)

"Dieses Bild zeigt zwar nicht, wie viele Milliardenbeträge in diesen Sport investiert werden, aber es gedenkt der verstorbenen Gastarbeitern und die Disskussion um die "One-Love"-Binde bei der WM in Katar. Das schwarze Kreuz steht für den Tod. Die Wolken symbolisieren die Seelen der verstorbenen, welche mit dem Wind in alle Himmelsrichtungen geweht werden können, da sie nur noch als Erinnerung existieren."

Lütze
(Februar 2023)

"Ab meinem 10. Lebensjahr bin ich in einem Dorf am Niederrhein aufgewachsen. Hinter dem Haus befand sich Wald und vorne Feld. Ich lernte das Landleben kennen. Und die Tiere und die Natur zu schätzen. Seitdem sind schon Jahrzehnte vergangen und der Rohstoffabbau der Natur hat imense Formen angenommen. Die Deutschen verbrauchen wie bekannt zu viele Ressourcen. Der Maulwurf auf dem Bild mag sich fühlen, wie im Wunderland. Das Bild ist ein Andenken an die Jugend rund um Lützerath, wo Braunkohlebagger vergessen lassen wollen, wie es dort einmal war. Aber: die Natur holt sich alles zurück!"

Verlust der Stimme
(2018)

"Ich bemerkte sofort nach der Tracheotomie 1994, dass durch die fehlende natürliche Stimme ein Bruch in der betroffenen Person stattfindet. Da ich einen "Punker" darstelle, möchte ich zeigen, dass ich persönlich mit Rebellion reagiere und mich auch nach Jahrzehnten als Persönlichkeit befreien konnte. Bei so einer Schwerstbehinderung wird weiterhin der Geist von der natürlichen Physis getrennt, weiterhin fühlt sich die Atmung "leer" an. Das schwarze rennende Strichmännchen steht für das verbliebene mechanische (Neben-)Geräusch beim Atmen und Abhusten. Natürlichkeit ist verloren gegangen, geblieben ist die Abhängigkeit vom System, um atmen zu können/dürfen."